Sonntag, 10. April 2016
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und 2016 (bis jetzt)

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Ignorance is Griss
Der Präsidentschaftswahlkampf kommt langsam in seine intensive Phase. Allerorten werden wir mit mehr oder weniger intelligenten Plakaten und Sprüchen beglückt: "Unkraut vergeht nicht! Dr. Andreas Khol" - "Außer man raucht's! Dr. Alexander Van der Bellen". Und das sind die zwei Universitätsprofessoren! Was soll man sich da vom Rest erwarten, der im Vergleich dazu qualifiziert ist wie ein afghanischer Flüchtling. Nein, auch hier leider keine Ärzte dabei, aber immerhin ein echter Ingenieur: Hofer, der Diskontkandidat, der den Populismus direkt von der Palette runter verkauft. Das freundliche Gesicht des Rechtsextremismus, die Para-Glid-Creme für die Penetration der FPÖ in höhere Ämter. Auch ein reicher Baumeister tritt an. Der Alpen-Trump ist ebenfalls ein rechter Trampel. Da wird Fremdschämen zum Leistungssport. Aber er hat sich die Rolle des Kasperls zumindest freiwillig ausgesucht. Weniger verständlich ist da schon, warum der ORF und andere Medien glauben, auch alle anderen auf dieses Niveau runterziehen zu müssen, z. B. durch die "Wahlfahrt".

"Driving Miss Irmgard" würde ich mir mit Morgan Freeman vielleicht noch anschauen, aber sicher nicht mit Hanno Settele. Das Golden Girl Griss meinte unlängst, dass die Nazis nicht "von Anfang an nur ein böses Gesicht gezeigt hätten“. Nun ja, auch das Leben von Adolf Hitler begann mit einem Höhepunkt. Aber von da an ging's schon eher bergab. Auch in anderen Fragen bewies sie Sensibilität: sie meinte sie beziehe eine "normale" Beamtenpension - von 9000 Euro. Ja, ich bin sicher, das bekommen die Krankenschwestern und Kindergärtnerinnen auch. Manche meinen, man sollte sie wählen weil sie eine Frau ist. Arien auf die Ovarien? Das schwache Geschlecht als schwaches Argument. Das noch wesentlich schlechtere Argument ist jedoch, dass sie keine "Insiderin" ist und nicht zum "Establishment" gehört. Dieses Denglish ist doch nur ein Euphemismus dafür, dass sie keinerlei Erfahrung hat. Ignorance is bliss, sagen die Engländer. Bei uns ist Ignoranz Griss. "Sie ist eine Frau und weiß nicht, was sie tut!" - würden Sie einen Starkstromelektriker auch nach diesen Kriterien auswählen?

Mangelnde Erfahrung kann man Andreas Khol nicht vorwerfen. Das - und dass er nicht Erwin Pröll ist - sind aber leider auch schon das einzige, was man ihm nicht vorwerfen kann. Der zweitälteste Tiroler nach Ötzi hat einfach schon zu viel Unsinn verzapft als dass man ihn guten Gewissens wählen könnte. Vor kurzem meinte der rostige Notnagel der ÖVP etwa, bei Klestil waren wir schon "kurz vor einer präfaschistischen Präsidentendiktatur". Bei so viel Schwachsinn fällt ja schon fast das Dollfuß-Porträt im ÖVP-Klub (dem Kompetenzzentrum für Prä-, Post- und sonstigen Faschismus) von der Wand. Und das nur, weil Klestil bei der Angelobung von Schwarz-Blau seine Arbeit widerwillig und mit einem angefressen Gesicht gemacht hat. Darum heißt es ja OBER-Befehlshaber.

Über die vermeintlichen Kompetenzen des Amtes wird heftig diskutiert. Auf die Frage: "Wie legen Sie es an?" fällt jedenfalls niemandem die Antwort "hintergründig" ein. Da ist Kraftmeierei gefragt. Manche sehen sich als Türsteher, der niemanden reinlässt (VdB), andere eher als Rausschmeißer, die ungezogene Kinder aus dem Bällebad am Ballhausplatz entfernen würden. Alle eint die Vorstellung, dass sie demnächst zum Jury-Präsident der Casting-Show "Austria's next government" gewählt werden. Wenn Verfassungsvater Hans Kelsen das geahnt hätte, hätte er Franz Joseph exhumiert und wieder eingesetzt.

Rudolf Hundstorfer versucht sich als der einfache Mann aus dem Volk zu verkaufen. Um das zu unterstreichen lässt er sich von dem Verein, der seinen Wahlkampf organisiert, ein Gehalt von 13.000 Euro zahlen. Der Österreicher kann sich für Nadelstreif-Sozialismus zwar durchaus erwärmen, aber dafür fehlt Hundstorfer die Grandezza Kreiskys oder die Souveränität Vranitzkys. Das erinnert eher an den Arbeiterführer Verzetnitsch im Innenstadt-Penthouse. Rudi rechnet sich noch Chancen aus, dass seine Werte steigen, aber die Gerüchte von seinem Abheben dürften, frei nach Mark Twain, stark übertrieben sein. Hunds-torfer wird am Wahlabend nicht frolic-ken.

Die besten Werte hat immer noch Alexander Van der Bellen. Dass er als Unabhängiger antritt sollte man ihm nicht vorwerfen. So haben wir uns einen grünen Bundesparteitag erspart, in dem strickende und stillende BasiswapplerInnen stundenlang darüber diskutiert hätten, ob er im Sinne des Gender Mainstreamings nicht als Alexandra Van die Bellen antreten sollte. Danke dafür. "Opi Van" verkauft sich als Mischung aus Alm-Öhi, Großvater Petz, Gandalf, Baumbart und Fuchur. The next best thing zum lieben Gott für hippe Bobo-Agnostiker. Aber Umfragen überschätzen die Grünen oft: Van der, die bellen, beißen nicht?

Aber wozu machen wir uns Sorgen um die Hofburg, wenn demnächst das wahre Machtzentrum dieses Staates neu besetzt wird: Johanna Mikl-Leitner soll nächstes Jahr Landeshauptfrau von Niederösterreich werden. Die Winzerköniginnen seufzen erleichtert. Als Innenministerin schab-rackerte sich Mikl-Leitner ab, damit Terror wie in Brüssel bei uns nicht passieren kann. Wird sie das Land in eine "Festung Niederösterreich" umbauen, und den Amtssitz von St. Pölten nach Dürnstein verlegen? Vielleicht kann sie dort dem Beispiel des Traiskirchner Bürgermeisters folgen, und ein Zweitgehalt als Burggespenst beziehen. Viele Fragen bleiben offen, zum Beispiel: Wenn die alte Hexe umzieht, nimmt sie dann Hänsel und Gretel eigentlich mit?

Wien, 10. April 2016

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